Neuer Einband für alte Verfassung

Restauriertes Buch aus dem 16. Jahrhundert kehrt zurück in die Bibliothek der Salzwedeler Katharinenkirche

Ein besonderer Schatz ist in die Bibliothek der Salzwedeler Katharinenkirche zurückgekehrt: die restaurierte Verfassung des Herzogs von Sachsen aus dem Jahr 1572.

220 Stunden benötigte Christian Beintker, um die Verfassung des Herzogs von Sachsen zu restaurieren.

Christian Beintker hat in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Bücher restauriert, übrigens auch wertvolle Exemplare aus der Bibliothek der Katharinenkirche. Aber eine derart umfangreiche Aufgabe wie die Restaurierung der Verfassung des Herzogs von Sachsen aus dem Jahr 1572 ist für den Hamburger doch ungewöhnlich. „So eine umfangreiche Restaurierung macht man nicht jeden Tag“, resümierte er während der Vorstellung des Ergebnisses. Die Anspannung habe bis zum Schluss angehalten –  immerhin 220 Stunden lang.

Christian Beintker setzt beim Restaurieren auf Minimalismus. Der Betrachter solle dem Buch schon sein Alter noch ansehen, erläuterte der Restaurator. Aufgabe der Restaurierung sei nicht, ein Buch wieder richtig schön zu machen.

In den zurückliegenden Jahren hatten Schimmel, Tintenfraß, Staub und Insekten ihre Spuren an dem mehr als 400 Jahre alten Werk hinterlassen. Statt die Seiten zu wässern, seien sie in einer Klimakammer für sechs bis acht Stunden lediglich befeuchtet worden, erklärte der Restaurator die Verfahrensweise. Dadurch habe sich das Papier, möglicherweise handgeschöpfte Bütten, wieder entspannt, ist jetzt wieder glatt statt gewellt. „Verschimmeltes Papier hat auch keine Widerstandskraft mehr“, nennt Christian Beintker weitere Details. Aber auch wenn man jetzt wieder problemlos in dem Buch Blättern kann, „man sollte schon vorsichtig sein“, mahnt Beintker, der für seine Restaurierung die Priorität auf den Erhalt des Textes und erst dann auch den des Blattes setzt. Die Vorbereitungen begannen im Oktober 2017, die Hauptarbeit erledigte Christian Beintker im Frühjahr dieses Jahres in Hamburg.

„Das Buch ist übrigens kalligrafisch geschrieben und besteht aus zwei Teilen, das sieht man an der unterschiedlichen Schrift. Die beiden Teile wurden später zusammengesetzt“, nennt Christian Beintker weitere Einzelheiten.

Die sächsische Verfassung hat der Restaurator in neuen cremeweißen Pergamenteinband eingebunden. „Das Pergament wurde über den Deckel gespannt“, sagt Beintker. Das sei die im 16. Jahrhundert übliche Technik gewesen und Pergament überhaupt das haltbarste Material für Einbände – ganz im Gegensatz zu Leder, das nicht so dauerhaft sei. Er halte sich konsequent an alte Handwerkstechniken, betont Beintker.

Die Besucher, die die Vorstellung des restaurierten Buches verfolgten, erhielten auch einen Eindruck vom vorherigen Zustand des Buches. Die Verfassung wird in der Kirchen-Bibliothek künftig in einer Kassette mit doppeltem Boden aufbewahrt. Darin hat Christian Beintker nicht nur die detaillierte Dokumentation hinterlegt, sondern auch den alten Einband in seiner schlechten Verfassung. In kleinen Tüten hat er sorgfältig die Krümel und auch den toten Marienkäfer aufgehoben, die sich zwischen den Seiten befanden, dazu Lesezeichen und Seitenfragmente. Weil das Buch nach seiner Restaurierung ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke zugänglich sein soll, hat Christian Beintker alle Seiten ins Internet gestellt.

Die Kosten der Restaurierung übernahm der Mäzen Axel Wendt. Der Hamburger finanzierte nicht zum ersten Mal Sanierungen von Büchern aus dem Bestand der Katharinengemeinde. Bereits im September 2016 übernahm er die Kosten für die Restaurierung von drei weiteren Büchern (die Volksstimme berichtete). Danach sei ihm signalisiert worden, dass es da noch einen Problemfall gebe, erinnert er sich schmunzelnd.

Sein Kontakt zur Katharinengemeinde habe sich über Christian Beintker ergeben, der wiederum mit dem aus der Altmark stammenden Künstler Andreas Marquardt befreundet sei, erzählt der Hamburger.

An der Hansestadt im Nordwesten Sachsen-Anhalts fasziniert ihn nicht nur der wertvolle Bücherbestand der Katharinenkirche, sondern auch, dass Thomas Selle (1599 bis 1663) seinerzeit Musikdirektor der vier Hamburger Hauptkirchen, auch in Salzwedel Spuren hinterließ. Doch zurück zur frisch restaurierten sächsischen Verfassung.

„Der sächsische Herzog herrschte damals über mehrere Länder, und deshalb musste eine einheitliche Verfassung her“, erläuterte Axel Wendt den Hintergrund des Buches, dass sich im 16. Jahrhundert im Besitz eines Salzwedeler Ratsherren befand. Axel Wendt lobt auch die Zusammenarbeit mit der Katharinengemeinde. Die klimatischen Bedingungen für die Bücher seien nicht so optimal. Aber: „Es ist ein Erfolg, wenn solche Schätze in gutem Zustand wieder zurückkehren.“

Uta Elste, Volksstimme 04. Juli  2018, www.volksstimme.de