Grenzen überwinden

Gemeinde beschäftigt Flüchtlinge / 20 beteiligten sich bisher am Programm

Seit etwa acht Monaten arbeiten Geflüchtete aus Afghanistan, Indien Serbien und Syrien in der Katharinengemeinde. Für sie ist es ein wichtiger Schritt, um sich in Deutschland zu integrieren.

 Die Welt schaut auf die syrische Stadt Aleppo. Nach wochenlangen Bombardements ist sie zerstört. Wie hoch die Zahl der Opfer ist, weiß niemand genau. Isam Othman verfolgt die grausamen Geschehnisse in Salzwedel. Der 19-jährige Syrer kurdischer Abstammung informiert sich jeden Tag im Internet per Facebook über die Lage in seiner Heimat. Er stammt aus der Stadt Homs, die im Sommer ähnlich heftig umkämpft war.

Vor 14 Monaten gelang ihm die Flucht. Über die Türkei und Griechenland kam er schließlich nach Deutschland. Hier versucht er nun Fuß zu fassen. Er besucht einen Deutschkurs an der Volkshochschule und arbeitet mit anderen Geflüchteten in der Katharinengemeinde.

Am Donnerstag steht Isam mit Jihan Othman, Mohammad Guley und Ceda Nikolic vor dem Weihnachtsbaum. Den haben die vier so eben fertig geschmückt. „Insgesamt haben bisher 20 Flüchtlinge bei uns gearbeitet. Das Programm läuft seit etwa acht Monaten. Zurzeit haben wir sieben Helfer bei uns“, sagt Gemeindemitarbeiter Jürgen Tobel, der hauptsächlich für die Betreuung zuständig ist. Für die Arbeit in der Gemeinde haben sie sich freiwillig gemeldet.

Die Neuankömmlinge helfen bei der Vorbereitung von Gottesdiensten und Gemeindefesten: Zünden zum Beispiel die Kerzen an und räumen Stühle um. Als der Altar vor wenigen Wochen in die Kirche zurückkehrte, packten die jungen Männer und Frauen ebenfalls mit an. Auch beim Kindermusical bauen sie mit auf.

„Wir freuen uns wirklich sehr daüber, dass sie uns unterstützen“, sagt Jürgen Tobel. Auffällig ist, dass bisher nur drei Frauen unter den Helfern waren. „Sie sind oft mit Kindern nach Deutschland gekommen und haben deshalb leider weniger Zeit“, sagt Jürgen Tobel.

Für ihre Tätigkeiten werden die Geflüchteten im Rahmen einer sogenannten Arbeitsgelegenheit nach dem Asylbewerbergesetz bezahlt. Sie erhalten 80 Cent pro Stunde. „Finanziert wird diese Maßnahme vom Sozialamt des Landkreises“, erklärt Amanda Hasenfusz vom Altmarkkreis. Damit sollen die Männer und Frauen außerdem an deutschen Arbeitsmarkt herangeführt werden. „Es geht außerdem darum, einen geregelten Tagesablauf einzurichten. Wir wollen dabei Werte wie Pünktlichkeit und Selbstständigkeit vermitteln“, sagt Amanda Hasenfusz. Die Arbeitsgelegenheiten dürfen von Geflüchteten ausgeübt werden, die bereits geduldet sind oder deren Asylverfahren noch laufen.

Doch viel wichtiger, als das Geld zu verdienen, sei es in der Freizeit etwas zu tun zu haben und Kontakte zu Einheimischen zu knüpfen, sagt Evelyn Rupert-Schulze von der Diakonischen Flüchtlingshilfe des Kirchenkreises Salzwedel. So würden sie zum Beispiel ihre Deutschkenntnisse aus den Kursen im Alltag anwenden. Denn nicht nur mit den einheimischen Mitgliedern der Katharinengemeinde müssten die Helfer deutsch sprechen.

Auch untereinander würden sie sich mit dieser Sprache verständigen, kommen die Geflüchteten doch keineswegs alle aus dem selben Kulturkreis. Während Isam Othman und Jihan Othman – trotz des gleichen Nachnamens sind die beiden nicht miteinander verwandt – Syrer sind, kommt Mohammad Guley aus Afghanistan. Ceda Nikolic hingegen ist Serbe.

Was dabei auffällt: Keiner der vier ist evangelisch oder katholisch. Ceda Nikolic ist serbisch-orthodoxen Glaubens, die anderen drei Muslime. So wie die große Mehrheit der Geflüchteten. Hemmungen, für eine christliche Gemeinde zu arbeiten, haben sie dennoch nicht. Genauso wenig haben die Katharinengemeinde Vorbehalte vor den Angehörigen einer anderen Religion.

Was für Frieder Oßwald, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, viel wichtiger ist: Die christliche Nächstenliebe über die Grenzen des Glaubens zu leben. „Wir wollen zeigen, dass wir hier gut zusammenleben können. Dass uns trotz der Unterschiede mehr verbindet als trennt.“

Ossmann betont an dieser Stelle, dass es der Gemeinde nicht darum gehe, die Neuankömmlinge zu missionieren. „Das ist wirklich nicht unsere Absicht.“

Foto und Text: Antonius  Wollmann, Volksstimme Salzwedel 17. Dezember 2016