Vissum

Wie ein Burgfried erscheint der Wehrturm der Vissumer Kirche auch heute noch jedem Betrachter. Erbaut in einer Zeit, in der auch im alten Grenzland Altmark der Wunsch nach mehr Sicherheit den Kirchenbau beschleunigte. Das Jahr seiner Entstehung, ja selbst die Erstbesiedlung des Dorfes Vissum, sind in der heutigen Zeit unbekannt. Es dürfte aber das 13. Jahrhundert sein.

Auch spätere Umbauten, wie zum Beispiel das Verlegen des Kircheneinganges, sind nicht datiert. Betritt man heute die Vissumer Kirche, so fällt zuerst die Numerierung der Kirchenbänke und Sitzplätze auf. Unwillkürlich denkt man dabei an einen Konzert- und Kinosaal. Huthaken erinnern an die Männerseite.

Die Kirchenälteste Erika Böll weiß dazu folgendes zu berichten: Wie in vielen Kirchen der Altmark, so hat es in den früheren Jahrhunderten auch in der Vissumer Kirche immer wieder Zank und Streit um die Sitzordnung gegeben. Wann die erste Numerierung diesem Zank ein Ende bereitete, ist nicht überliefert.

Als im Jahre 1902 die Bänke erneuert wurden, übernahm man aber die alte Numerierung. Streng nach Geschlechtern getrennt saßen die Besucher. In der rechten Reihe die Männer und links die Frauen. Die alten Huthaken an den Männerplätzen erinnern noch daran. "Ich kann mich noch gut daran erinnern. Aber heute sitzen die Ehepaare doch schon zusammen", sagt Erika Böll zum Abschluß.

Schaut man zu der im 17. Jahrhundert errichteten Empore, so fällt der Blick unweigerlich auf die Gemälde der Verkleidung. In einfacher, aber eindrucksvoller Malerei ist hier die biblische Geschichte dargestellt. Eine Bilderbibel für Analphabeten, oder nur eine Vertiefung der christlichen Lehre, da Bilder sich ja besser als Worte einprägen.Der Grund der Entstehung, wie auch der Name des Künstlers, sind unbekannt.

Der Glaube an die Sicherheit der Kirche trieb besonders im Mittelalter merkwürdige Blüten. Auch die Vissumer Kirche blieb davon nicht verschont. Nach der Überlieferung soll zur damaligen Zeit der Rademacher Bode, sogar sein Holz dem Schutz der Kirche anvertraut haben, indem er im Turm sein Holzlager einrichtete.

Aber auch in den Kriegswirren des zweiten Weltkrieges wurden viele Gegenstände in der Kirche eingelagert. Ob aus dieser oder einer früheren Zeit auch die beiden Holzplastiken stammen, die später beim Aufräumen im Gottesgaus gefunden wurden, weiß niemand mehr. Es handelt sich bei den Kunstwerken um zwei stark beschädigte Marienfiguren aus Lindenholz. Ihre glatte Rückseite lassen aber die Vermutung zu, daß es sich hierbei um Plastiken handelt, die in früheren Jahren das Sakramentshüuschen irgendeiner Kirche schmückten.

Text und Bilder: Paul Meitz, Binde, 1997