Arzt sammelte vor mehr als 100 Jahren historische Dokumente / Stadtarchivar stellt sie vor
gar nicht so verstaubt und langweilig sind, wie vielleicht vermutet, erfuhren die Teilnehmer an der Veranstaltungsreihe „Leselampe“. Stadtarchivar Steffen Langusch verstand es, den Inhalt der „Soltquellensien“ anschaulich darzustellen
Jeden vierten Donnerstag im Montag trifft sich ein Kreis an Kultur und Geschichte interessierter Salzwedeler in der Alten Lateinschule zu einem „Leselampen“-Abend. Stadtarchivar Stefan Langusch widmete sich dieses Mal den „Soltquellensien“ oder dem „Soltquellensiar“. Eine Sammlung von Abschriften alter Urkunden, Dokumente, Briefe, Listen und Tabellen, die einen Bezug zu Salzwedel haben und vor fast dreihundert Jahren von dem Salzwedeler Arzt und Chronisten Dr. Elias Hoppe in fünf Bänden zu je 900 Seiten zusammenfasst wurden.
Fünf historisch sehr wertvolle Bände, die sich seit mehr als 100 Jahren im Eigentum der Kirchengemeinde St. Katharinen befinden. Ein Familienmitglied aus der Familie Hoppe hatte die Sammlung der Kirchengemeinde überlassen.
Zurzeit befinden sich vier der Bände im Stadtarchiv bei Steffen Langusch zur Sichtung, Auswertung und Digitalisierung. Ob es einen fünften Band wirklich gibt, sei nicht zu einhundert Prozent sicher, so Langusch, aber vieles weise darauf hin. Die vorliegenden Bände sind in Leder gebunden und im Folio-Format, damit flächenmäßig etwas größer als das heutige DinA4-Format, mit seinen Maßen von 21 mal 29,7 Zentimetern. Und sie sind, trotz ihres Alters, in einem guten Zustand. Manche Passagen seien im Lauf der Zeit zwar etwas verblasst, aber doch immer noch gut lesbar. Dieses auch, obwohl Hoppe die Bände zudem in Schreib- und nicht in Druckschrift niederschrieb. „Wenn man sich eingelesen hat, dann läuft es recht gut“, so der aktuelle Hüter des historischen dokumentarischen Nachlasses der Stadt.
Über fast zwei Jahrzehnte hatte der Salzwedeler Arzt alles zur Salzwedeler Geschichte gesammelt, was ihm unter die Finger geriet. Darunter fertigte er Abschriften von Dokumenten, die für die heutige Forschung Salzwedeler Stadtgeschichte sehr bedeutend sind, informierte Langusch. Zudem beschrieb er auch die Siegel auf den Dokumenten, die heute manchmal nicht mehr, stark abgegriffen oder nur noch in Teilen vorhanden sind.
Doch notierte er auch Dinge des alltäglichen Lebens. Und aus diesem Grund habe seine Sammlung eine recht differenzierte historische Bedeutung.
Von hohem historischen Wert sei aber ein Briefwechsel zwischen der Hansestadt Lübeck und Salzwedel aus den Jahren 1554/1555, in dem die Jeetzestadt um eine Wiederaufnahme in den Bund der Hanse bittet. Doch wie heute bekannt ist, lehnte Lübeck, die Mutterstadt der Hanse, das damalige Begehren der kleinen altmärkischen Stadt ab. Und es blieb bei dem Ausschluss, der 1518 aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ausgesprochen wurde.
Auch eine Aufstellung aller Ratsmitglieder der Alt- und der Neustadt, mit zum Teil biografischen Angaben, die bis ins Mittelalter zurückreicht, ist von hohem Wert.
Schon früh wurde der historische Wert dieser Sammlung erkannt. Und nachfolgende Historiker griffen immer wieder gern auf sie zurück und bedienten sich ihrer für die eigenen Forschungen. Allerdings habe Hoppe sein Augenmerk stets nur auf Dokumente gelegt, statt wie es die Historiker August Wilhelm Pohlmann sowie Johann Christoph und Bernhard Ludwig Beckmann zu jener Zeit taten, auch Sachzeugen wie Grabmäler oder Inschriften zu berücksichtigen. Leichte Kritik seitens des Archivars auch an dem Aufbau der einzelnen Bände. Der erste Band sei noch klar geordnet, die anderen mehr oder weniger nur eine Sammlung von Dokumenten. So sei zu vermuten, dass Dr. Hoppe ursprünglich geplant hatte, eine Chronik der Stadt zu erstellen, aber letztendlich die vielen Dokumente nur noch erfasste.
Allerdings würde das die erbrachte Leistung des Arztes in keiner Weise schmälern.
Zurzeit wird die Sammlung digitalisiert, das bedeutet in Salzwedel, die Seiten werden einzeln abfotografiert. Eine zwar zeitaufwändige aber doch überaus lohnenswerte Beschäftigung.
Auch Dr. Hoppe hatte in seiner Sammlung sehr viel Zeit investiert und so letztendlich der Stadt einen wertvollen historischen Nachlass überlassen.
von Oliver Becker, Volksstimme Salzwedel, 01. Februar 2020